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Guter Vorsatz für’s nächste Semester: Lernfortschrittsevaluation mit CATs

Vogel, Lena [adm-vogel], Weber, Katrin [katrin.weber@kh-freiburg.de] - 15. Sep 2021, 14:40
Lesedauer: 5 Minuten
  • Wie gut werden die Studieninhalte verstanden?
  • Was bleibt im Seminar ein großes Fragezeichen?
  • Und wie schafft man es, das als Student*in oder Dozent*in rechtzeitig zu merken?
Das neue Semester steht vor der Tür, und mit ihm kommen vielleicht die ein oder anderen guten Vorsätze für das (online) Lernen & Lehren. Aus Studierendensicht heißt dies vielleicht, sich häufiger mit komplexen Inhalten auseinander zu setzen. Und Lehrende nehmen sich potentiell vor, stärker in den Austausch mit Ihren Studierenden zu gehen.
Vielleicht kommt dieser Beitrag damit ja zum richtigen Zeitpunkt und kann inspirieren, im kommenden Semester mal eine neue Methode auszuprobieren: Lernfortschrittsevaluation mit sogenannten CATs (Classroom Assessment Techniques).
 
CATs können Antworten auf die drei zu Beginn gestellten Fragen geben. Sie sind kleine, niedrigschwellige Methoden, um das eigene Verständnis von Studieninhalten zu reflektieren oder den Lernfortschritt einer Lerngruppe zu evaluieren. Heißt: Die Methoden können Sie als Studierende für sich selbst oder mit Ihren Kommiliton*innen anwenden, oder sie werden durch die Lehrperson in die Veranstaltung eingebettet. Praktischerweise funktionieren Sie sowohl analog als auch ganz wunderbar im Online-Kontext.
Wie solche Methoden aussehen können? Zum Beispiel so:  

 3-2-1 –Technik

Sehr simpel und trotzdem effizient: In dieser Methode werden 3 Dinge (digital) aufgeschrieben, die während der Sitzung gelernt wurden, 2 Dinge, die die Lernenden besonders interessant fanden, und 1 Sache, die unklar geblieben ist. Dafür kann zum Beispiel das Etherpad oder der Chat genutzt werden.
Variationen: Die zwei Interessenspunkte können online über ein Whiteboard oder asynchron über ein Etherpad gesammelt werden, um einen Überblick über die Präferenzen der anderen Seminarteilnehmenden zu bekommen. Eine verkürzte Variante ist das „Muddiest-Point“-Prinzip: Hier wird nur der unklarste („schwammigste“) Punkt noch einmal aufgeschrieben, um ihn in der nächsten Sitzung zu sammeln oder Lücken zu verdeutlichen.

Translate that! (Direct Paraphrasing)
Für Experimentierfreudigere eignet sich diese CAT, die sowohl im Lehrsetting als auch im Lernen in kleinen Gruppen gut verwendet werden kann.
Nachdem ein Inhalt gelesen oder in einer Veranstaltung erklärt wurde, soll er „übersetzt“ werden – also in anderen Worten noch einmal wiederholt werden. So lässt sich Wissen vertiefen, gleichzeitig werden aber auch Punkte deutlich, die man selbst noch nicht gut erklären kann. Über diese kann dann erneut gesprochen werden. Im Lehrkontext kann dies z.B. alle zehn Minuten im alfaview-Chat geschehen, auch Breakout-Gruppen sind möglich. Vor Ort an der Hochschule spricht man mit der oder dem Sitznachbar*in.
Variationen: Überlegen Sie sich eine Art und Weise, auf die paraphrasiert werden soll: Sollen etwa theoretische Begriff besonders spezifisch miteinander in Verbindung gebracht, oder soll besonders vereinfacht erklärt werden? Es hilft, sich im Rahmen der „Translation“ ein fiktives Publikum vorzustellen. Ein Beispiel für eine Aufgabenstellung: Stellen Sie sich vor, Sie erklären die soeben vorgestellte Entwicklungsphase einer Jugendgruppe, die Sie im Rahmen eines Workshops zu sexueller Aufklärung leiten. Wie würden Sie den Inhalt übersetzen?
 
Das sind nur zwei von vielen weiteren Beispielen für CATs. Die beiden Methoden decken damit mehrere Ziele gleichzeitig ab: Sie initiieren einen Reflektionsprozess bei den Lernenden, und geben ein schnelles und direktes Feedback, wo es eventuell noch hakt. Dabei entfernen sie sich von Bewertungslogiken: Es geht nicht darum, die eigene Leistung einzuschätzen oder Studierenden eine Note zu geben, sondern das Verständnis zu verbessern und offene Punkte sichtbar zu machen. Verwendet man CATs im Lehrkontext, bieten sie einen zusätzlichen Rückkanal zwischen Studierenden und Lehrenden. Dozierende können so besser einschätzen, bei welchen Inhalten sie noch einmal Zeit investieren sollten, oder welche Methoden zu besonders viel oder wenig Verständnis führen. Mehr Informationen finden Sie unter folgenden Links, auf denen dieser Beitrag basiert:
Zusammenfassungen der George Washington University,  der Iowa State University sowie der Vanderbilt University, sowie den Video zu Lehrmethoden der K. Patricia Ross Academy.
 

Hallo Prof. Alexander Lenger, wie sieht eine Umsetzung von Feedback-Momenten bei Ihnen aus?

Vor Corona habe ich in meinen Vorlesungen am liebsten mit Think-Pair-Share gearbeitet. Dabei sollen Studierende die präsentierten Lerninhalte zunächst kurz reflektieren, dann gemeinsam mit ihrem*r* Sitznachbar*in besprechen und abschließend mit eigenen Worten im Plenum wiedergeben. Auch habe ich gerne mit kleineren Übungsaufgaben gearbeitet, die Lösungen auf Papierzettel schreiben lassen, diese eingesammelt, gesichtet und exemplarisch besprochen. Im Digitalsemester habe ich hierfür besonders gerne den Alfaview-Chat genutzt. Hier habe ich Studierende an verschiedenen Momenten in der Vorlesung aufgefordert, eigene Beispiele zu nennen oder die Lösung, zum Beispiel für richtige Zitierweisen, in den Chat zu schreiben. Das hat im Laufe der Onlinesemester auch immer besser funktioniert.

Warum nutzen Sie diese Methode, und was ist Ihnen dabei besonders wichtig? Welche Rolle spielt Lernfortschrittsevaluation für gutes Lernen/Lehren?

Die Rückmeldung von Studierenden ist insbesondere im Onlinekontext enorm wichtig, weil man im Gegensatz zur analogen Lehre viel weniger unmittelbares Feedback und Resonanz von den Studierenden bekommt. Damit meine ich solche Dinge wie fragende Blicke, Stirnrunzeln oder allgemeine Unruhe im Raum als Reaktion auf präsentierte Lerninhalte. Bei allen CATs ist mir insbesondere wichtig, dass die Studierenden keine Angst haben, an diesen Fragerunden teilzunehmen und ihre Antworten zu präsentieren. Ich versuche daher immer zur Teilnahme zu motivieren und wertschätzend auch mit „falschen“ Antworten umzugehen. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und auch falsche Antworten gehören zum individuellen Lernprozess dazu. Prinzipiell stellen Lernfortschrittsevaluationen, insbesondere die Selbstevaluation des eigenen Lernprozesses, einen grundlegenden Baustein eines erfolgreichen Lernprozesses dar. Als Dozierende können wir die Studierenden immer nur im Lernprozess begleiten und eine lernförderliche Umgebung erzeugen. Schließlich können wir nicht für die Student*innen lernen, sondern der tatsächliche Lernprozess bleibt immer Aufgabe und Verantwortung der Studierenden. Hier bieten Lernfortschrittsevaluationen eine gute Möglichkeit, um Studierende in diesem Prozess zu unterstützen.

Prof. Dr. Alexander Lenger ist Professor für Soziologie an der Katholischen Hochschule Freiburg.


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